Fotografien von Bernd Reinert DVF, BSW-Fotogruppe Hannover

Finnisches Eis und Caipirinhia

Sonne, Strand und das türkisblaue Meer sind nur ein zusätzliches Bonbon, welches man sich gönnen sollte, wenn man als Fotograf nach Kuba reist.  Kuba ist Havanna, welches durch den Charme seines Verfalls den Besucher in seinen Bann zieht. Das sind die klapprigen Straßenkreuzer, die oft älter als ihre Besitzer sind. Das sind die Menschen, alles lebenslustige Überlebenskünstler, mit ihrer  Liebe zur Musik und zum Tanz. Alles das macht die sympathische Karibikinsel zu einem fotografischen Highlight.

Man benötigt etwa sieben Tage um die Höhepunkte des westlichen Teils der Insel mit dem Auto zu bereisen. Dazu gehört Santa Clara, die Stadt in der Che Guevara 1958 siegreich mit seinen Rebellen einmarschierte und in der sich heute sein monumentales Grabmal befindet. Trinidad, das „Rothenburg Kubas" ist ein fotografisches Highlight. Es erinnert mit seinem kolonialen Kern an ein großes Freilichtmuseum. In der Tabakgegend von Pina del Rio hat man vom Hotel Jasmines einen atemberaubenden Ausblick auf das Tal von Vinales. Auf jeden Fall sollte man die Tabakplantage von Don Alejandro Robaina besuchen und sich bei einer Führung die Kunst des Tabakanbaus erklären lassen. Alejandro Robaina ist übrigens der erste Tabakbauer, nach dem eine Zigarrenmarke benannt wurde: Die 1998 eingeführte „Vegas Robaina". Mit etwas Glück kann man die Bekanntschaft des immer zu einem „Small Talk“ aufgelegten 80jährigen freundlichen Herrn machen.

Havanna bietet dem Besucher ein atemberaubendes Bild. Künstlich wiederhergestellte Prachtbauten bilden den Kontrast zu den Gebäuden, die jeden Moment einzustürzen drohen. Die mit Brettern und Blech vernagelten Fassaden machen den größten Teil des Stadtbildes aus. Offene Fenster, ohne Jalousien, ohne Gitter oder Gardinen, geben den Blick für jeden Passanten in Küchen und Schlafräume frei. Das Leben findet hier wie in keiner anderen Stadt auf Balkonen, in Fensterbänken und vor der Haustür statt. Liebe und alltäglichen Streit kann man hier hautnah miterleben. Still ist es dagegen auf dem Cementerio de Colon, einem der größten Friedhöfe Südamerikas. Nur eine Gewehrsalve, abgefeuert zur letzten Ehre eines Helden der Revolution, stört hin und wieder die Friedhofsruhe.

Buenas Dias, Buenas Noches...

Unter der Landbevölkerung gibt es kaum Kubaner die Englisch sprechen und bei der Stadtbevölkerung ist das auch nicht viel besser. Also habe ich vor der Reise die wichtigsten Redewendungen gelernt: Buenas Dias, Buenas Noches, Gracias, Hasta lavista usw. Zu einem Gespräch hätte das natürlich nicht ausgereicht. Man muss sich  aber mit den Leuten verständigen können, wenn man sie fotografieren möchte. Was tun??? - Ich hatte mehrere Abzüge von einem Foto dabei, welches mich in einem finnischen Eisloch zeigt. Wenn ich jemanden fotografieren wollte, fragte ich zuerst einmal: „Uno Foto Senior?". In den seltensten Fällen gab es eine Ablehnung. Die Pose war allerdings wie in einem Passbildstudio. Nach dem ersten Foto zeigte ich dann das Eislochbild. Die Kubaner, welche Eis nur aus Caipirhinia oder Mojito kennen, reagierten darauf mit ungläubigem Staunen, „Muy frigo" -sehr kalt- und ein gestelltes „Bibbern" waren die spontanen Reaktionen. Danach war das Eis zwischen uns buchstäblich geschmolzen.  Jetzt konnte ich lebendige Fotos machen.

 

Obwohl nur eine Verständigung mit Händen und Füßen möglich war, ist durch diese Art von Begegnung Vertrauen und Sympathie entstanden. Einmal  wurde ich sogar zu einem Fototermin an  Nachbarn weitergereicht. Diese präsentierten mir ganz stolz ihren liebevoll gepflegten Amischlitten, Baujahr 1948. Außerdem gewährte man mir Einblicke in Wohnräume und sogar in Schlafzimmer. Durch die Fotografie bin ich sympathischen Menschen begegnet, die trotz ihrer Alltagssorgen  nie ihren Humor verloren haben.


Diese Ausstellung widme ich meiner verstorbenen Frau Leena.
Kuba war unsere letzte gemeinsame  Reise.

Bernd Reinert

Bilder von der Vernissage >>

Ausstellungsdauer: 5. September bis 12. November 2003

<< zurück


Letzte Aktualisierung am 6. September  2003
Zurück zur Startseite
© Wolfgang Gorski  w.gorski@t-online.de